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Apulien: Typen, Träumer, Lebenskünstler: Land und Menschen an einem Rande Europas

Erschienen am 20.07.2021
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783737407663
Sprache: Deutsch
Umfang: 128 S.
Einband: Englische Broschur

Beschreibung

Liebevoll erzählt Katja Büllmann von einer Region des armen, südlichen Italien. Hier kommen die Menschen selbst zu Wort und berichten, was ihnen Heimat ist. 'Eine sanfte Liebeserklärung' nannte Madame diesen Überraschungserfolg mit vielen Bildern des vielfach ausgezeichneten Fotografen Giovanni Troilo, dessen Bildsprache den Text perfekt ergänzt, was gemeinsam eine Region von eleganter Moderne und ehrlicher Ursprünglichkeit lebendig macht. Ein Buch voller unvergesslicher Begegnungen: Antonio Comes, der Fischer, Nichi Vendola, der Politiker, Teresa Ludovico, die Regisseurin, Amarai Campanella, die Dorfheilerin, Don Carmelo Carparelli, der Priester, Ginarico Carofoglio, der Mafiajäger, Vittorio Muolo, der Hotelier, Leonardo Angelini, der Location Manager, Edoardo Winspeare, der Regisseur und Giuseppe Armenise, der Florist - sie alle erzählen von ihrem Leben in Apulien, seiner Landschaft, seiner Kultur.

Autorenportrait

Katja Büllmann ist freie Reisejournalistin und lebte in Sydney und München, ehe sie Apulien entdeckte, wo sie zwischen Adria und Olivenfeldern Geschichten über Land und Leute sammelte. Sie schrieb u. a. für Cosmopolitan, Freundin und National Geographic. Ihre Bücher befassen sich mit dem Reisen: Mit einer Reise fing alles an (Malik), Eine einzige Reise kann alles verändern (Piper) und Wildes Bayern (National Geographic).

Leseprobe

Bettlaken in ausgewaschenen Pastelltönen flattern vor Hauswänden. Aus einem Transistorradio dudeln Fetzen süßlich-blecherner Werbejingles, dazwischen italienische Schlager. Quer über den Hof, von Balkon zu Balkon, fragt eine Alte die andere, was es zu Mittag gibt. 'Die Pasta steht schon auf dem Herd', ruft die eine, 'die Familie ist auf dem Weg hierher.' - 'Buon pranzo, allora', ruft die andere. Alltag in Monopoli, einer knapp 50.000-SeelenGemeinde in der Provinz Bari, vom Tourismus bislang kaum berührt, was ein bisschen verwundert, schon des außergewöhnlichen Namens wegen. Der stammt aus griechischer Zeit, als das damalige Dorf noch dem zu jener Zeit wichtigeren Egnatia angehörte: 'Einzige Stadt' bedeutet er. Im Jahre 545 wurde Egnatia durch den Ostgotenkönig Totila zerstört, dessen Einwohner flüchteten ins nur wenige Kilometer entfernte Monopoli. Normannen, Byzantiner, Staufer kamen und gingen über die folgenden Jahrhunderte. Als die Republik Venedig die Stadt unter ihre Kontrolle brachte, wurde ihr Hafen zu einem zentralen Knotenpunkt für den Handel. Der Hafen sollte Monopolis wichtigstes Kapital bleiben und die Fischerei über lange Zeit Haupteinnahmequelle für einen Großteil der Bevölkerung. Rein äußerlich hat sich nicht viel verändert in den letzten 100 Jahren. In glasklarem Wasser liegen Boote von sechs bis zehn Meter Länge, bessere Nussschalen, die für diese Art der Kleinfischerei seit jeher verwendet wurden. Einige ruhen für Ausbesserungsarbeiten an Land, die meisten jedoch sind fertig zum Auslaufen, bestückt mit Netzen, Werkzeug - wenigen, aber nützlichen Dingen. Ein Postkartenmotiv: der Blick durch das kaum mannshohe, von Madonnenstatuen, Blumen und Kerzen ausgeschmückte Portal in den alten, piekfein sauber gehaltenen Hafen hinein. Ein pittoreskes Bild, zu schön und idyllisch, um wahr zu sein. Tatsächlich entbehrt die Kleinfischerei, eines der ältesten Gewerbe der Welt, heute jeder realistischen Grundlage. Eine Lizenz kostet um die 20.000 Euro, was unter normalen Umständen kaum aufzubringen ist. Wer heute noch ausfährt - in Monopoli sind es rund 50 Boote - hat die Lizenz entweder geerbt oder hat reiche Verwandtschaft irgendwo im Norden. Der Beruf des Kleinfischers, der ausschließlich damit seinen Lebensunterhalt bestreitet, steckt in der Krise. Üppige Bougainvilleazweige ranken bis hinein in die Garage, wo Antonio, 34, und Vincenzo, 65, auf Holzschemeln sitzen und an ihren Palangari-Netzen spinnen, Langleinen-Netzen, die im Mittelmeerraum genauso zum Einsatz kommen wie in Südamerika. Der gestrige Fang war respektabel, erzählt der Ältere, der schon ein halbes Leben lang mit dem Vater des Jungen fischen war und seit dessen Tod mit Antonio ausfahrt. Er ist sichtlich stolz auf die gut zehn Kilo, die sie von Bord der 'Giulia' gehievt und in den frühen Morgenstunden in die pescheria unten am Hafen getragen haben. Dentice, Zahnbrasse, scorfano, Roter Drachenkopf, sarago, weiße Königsbrasse oder Dorade, dazu einige Makrelen, Seeteufel, Kabeljau. 'Fast wie in alten Zeiten', brummt Vincenzo in seinen Stoppelbart. Antonio, der Junge, bleibt einsilbig. Er hasst es, Details über einen Job zu erzählen, der kaum geeignet ist, seine Familie über Wasser zu halten. Einigen, die neugierig nachfragten, wenn er mit Vincenzo von Bord ging, hat er schon gehörig die Meinung gesagt. 'Was wollen sie hören, die Leute', ruft er aus. Fischer zu sein heißt heute vor allen Dingen, Opfer zu bringen. Er hat es sich nicht ausgesucht, so wie andere einen Job ergreifen, wenn sie erwachsen sind. Als der Vater starb, vor sieben Jahren, war kein anderer da, der die Tradition fortführen hätte können. Da war das Boot, war der Partner, eine gewisse Grundlage - und kaum Alternativen. Sein älterer Bruder Gianni, derjenige mit dem eigentlichen Fischer-Gen oder zumindest einem Gutteil mehr an natürlicher Begeisterung, lebte und arbeitete als Restaurantmanager seit vielen Jahren in Deutschland. Er hätte das alles niemals hingeworfen für eine Zukunft wie diese, ei

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